Beim Fischbestand im Alpenrhein kann man nicht mehr von einem Bestand reden, sondern muss von einem Restbestand reden. Dies ist das Ergebnis des Fischökologischen Monitorings 2019 am Alpenrhein. Der ökologische Zustand des Alpenrheins ist miserabel. Das hat neben den direkten Auswirkungen auf die Fischfauna auch Auswirkungen auf die Insektenwelt, den Bodensee und das Alpenrheintal.
Während in den 70ern alleine im Kanton St. Gallen pro Jahr noch 3000kg Fisch entnommen werden konnte, waren die Fänge 2020 auf einem Rekordtief von 1037 Fischen auf 90km Flussstrecke angekommen.
Der Alpenrhein ist mit abstand der grösste Zufluss des Bodensees. Im Alpenrheintal wohnen über 500’000 Menschen, rund die Hälfte davon ist auf die Grundwasserversorgung im Rheintal angewiesen, welche ebenfalls vom Alpenrhein abhängt, auch diese ist vom Schwallbetrieb betroffen.
Schon seit 2005 ist der damals schon massive Schwall- und Sunkbetrieb am Alpenrhein in der Fischökologischen Basisaufnahme festgehalten. Der Schwallbetrieb der Kraftwerke, welche für den Umweltschaden verantwortlich ist, wurde seit dem nicht etwa zurückgefahren, sondern massiv aufgedreht. Das Problem ist also schon seit langem bekannt, die Umweltkatastrophe interessiert aber offensichtlich nur wenig.
Die Kraftwerke, welchen den Schwall am Rhein verursachen gehören Hauptsächlich der öffentlichen Hand, also den Kantonen und Gemeinden. Das ewz, welches die Wasserkraft in Graubünden stark nutzt gehört zum Beispiel zu 100% der Stadt Zürich
Zwar gibt es am grössten Wildbach Europas noch andere Probleme wie Verbauungen oder abgeschnittene Seitengewässer. Das Einzige, was sich seit dem Bau des Kraftwerks Reichenau wirklich verändert hat ist die Intensität des Schwallbetriebs. Alle anderen Probleme sind eher besser als schlechter geworden.
Lebenszyklus Seeforelle
Die Bodensee-Seeforelle ist ein wichtiger Fisch für den Alpenrhein. Um das ganze Ausmass der Umweltzerstörung am Alpenrhein zu verstehen, ist es daher audh interessant etwas genauer auf den Lebenszyklus der Bodenseeforelle zu blicken.
Die Bodensee-Seeforelle wandert jedes Jahr die Zuflüsse des Bodensees hinauf um zu Laichen. Die Fische brauchen für die Vermehrung das Sauerstoffreiche und kalte Wasser der Alpengewässer.
Historisch kann die Bodensee-Seeforelle bis zu 1m lang und 15kg schwer werden. Die Bodenseeforelle konnte bis zu 145km weit, vom Bodensee bis hinter Disentis, und über 1300m hoch, in der Landquart oberhalb von Klosters (Novai), wandern.
Genetisch sind Bachforellen und Seeforellen die gleichen Fische. Darum können sich Seeforellen auch uneingeschränkt mit Bachforellen vermehren und sind desshalb auch wichtig für den Bachforellenbestand.
Nach der Paarung dauert es, je nach Wassertemperatur 3 bis 3.5 Monate, bis die Forellen schlüpfen. Die geschlüpften Fische leben dann im Kies und ernähren sich aus dem Dottersack. Erst danach sind die Fische schwimmfähig und können selbsständig auf Nahrungssuche gehen.
Die kleinen Fische halten sich dann in den ruhigen und geschützen Bereichen des Gewässers auf und werden grösser. Zwischen 0.5 bis 2.5 Jahren können die Forellen im Schlupfgewässer bleiben, bevor sie als Smolts in den Bodensee abwandern. Es wandern jedoch nicht alle Fische ab, manche bleiben im Schlupfgewässer als Bachforellen, andere wandern in grössere Gewässerabschitte ab und leben dort als Flussforellen.
Zur Laichzeit wandern alle laichfähigen Forellen dann wieder zu den Brutplätzen. Die Wanderung erschöpft die Forellen zwar, in der Regel überleben sie das Laichgeschäft jedoch und kehren im nächsten Jahr zurück um erneut zu Laichen.
Mehr zum Lebenszyklus der Bodenseeforelle gibt es in dieser Broschüre des Hydra Institutes sowie im folgenden Video.
Chronologie der Melioration des Alpenrheins
Die Menschen im Alpenrheintal hatten schon immer mit dem Rhein zu kämpfen. Vor 1900 gab es regelmässig Hochwasser, welche das Rheintal überschwemmt haben. Darum wurde der Alpenrhein in verschiedenen Schritten in das heutige Bett gezwängt. Da der Alpenrhein relativ viel Geschiebe mitführt, wurde der Rhein sehr stark begradigt, so dass das Geschiebe durch die schnelle Fliessgeschwindigkeit besser abtransportiert wird.
1868 stand das ganze Rheintal das letzte mal komplett unter Wasser. Dabei lief zu dieser Zeit bereits der Bau der ersten Rheinkorrektion welche von 1861 bis 1881 dauerte. 1890 wurden die Dämme nochmals erhöht.
Um die Fliessgeschwindigkeit zu erhöhen, wurde 1900 der Fussacher Durchstich fertig gestellt, seit dem mündet der Rhein nicht mehr bei Altenrhein in den Bodensee, sondern bei Fussach in Österreich. 1923 wurde dann auch der Diepolsauer durchstich fertig gestellt und der Rhein somit nochmals stark begradigt. Zurück blieben an beiden Orten die Altarme, welche jeweils als Alter Rhein bekannt sind.
Um die Entwässerung der Seitengewässer im Rheintal besser kontrollieren zu können, wurden die Binnenkanäle angelegt. Der Erste war der Werdenberger Binnenkanal, welcher zwischen 1882 und 1884 entstand. 1904 folgte der Rheintaler Binnenkanal, das Wasser wird in den Alten Rhein (Fussacher Durchstich) abgeleitet und fliest nicht mehr in den Alpenrhein.
1910 wurde der Vorarlberger Binnenkanal fertig gestellt, welcher viele Gewässer in Vorarlberg in die Dornbirner Ache leitet. Diese mündet direkt neben dem Rhein in den Bodensee. Zuletzt folgte 1943 der Liechtensteiner Binnenkanal.
1962 wurde das Kraftwerk Reichenau in Betrieb genommen. Dieses hat den Vorder- und Hinterrhein für Fische vom Alpenrhein abgeschnitten. Ein Aufstieg war für Fische bis 2000 nicht möglich, dann ging die Fischtreppe am Kraftwerk in Betrieb.
In den 50ern und 60ern wurden am Rhein und dessen Zuflüssen diverse Kraftwerke gebaut. Seit dieser Zeit gibt es einen Schwallbetrieb im Alpenrhein.
Zustand des Alpenrrheins: Nachgewiesen Schlecht
Der Fischbestand im Alpenrhein ist nachgewiesen schlecht. Im Fischökologischen Monitoring 2019 ist die Rede davon, dass man nicht mehr von einem Fischbestand sprechen kann, sondern von einem Restbestand sprechen muss.
Der Fischbestand im Alpenrhein war jedoch nicht immer schlecht. Bis Anfang der 90er waren die Fangzahlen durchaus gut. Zwar gab es damals noch keine Fischökologischen Untersuchungen, die Fangzahlen sprechen hier aber eine eindeutige Sprache.
Einen traurigen Tiefpunkt in den Fangzahlen zeigt das Jahr 2020, im gesamten Alpenrhein wurden nur 120 Bachforellen entnommen. Die Bachforelle ist eigentlich die Leitfischart in den meisten Teilen des Alpenrheins. Auch Regenbogenforellen konnten nur noch 826 gefangen werden. Insgesamt wurden im Jahr 2020 nur 1037 Fische entnommen, was ein absoluter Negativrekord ist.
Grosse Fische gibt es nur noch von den Wanderbewegungen, dem Seeforellenaufstieg oder der Alpensteelhead (Regenbogenforellen) Wanderung. Ohne die Aufsteigenden Fische aus dem Bodensee wäre die Fischerei im Alpenrhein komplett zusammengebrochen.
Fangzahlen im Alpenrhein
Die Datenlage zu den Fängen am Alpenrhein ist nicht wirklich übersichtlich. In Graubünden gibt es erst seit 2002 eine Fangstatistik. Für den gesamten Alpenrhein gibt es erst seit 2009 einen Bericht. Diese Berichte können übrigens auf der Seite des Landes Voralberg eingesehen werden. Auch sonst muss man sich die Fangzahlen etwas zusammenstückeln, bis in die 1950er kann man die Zahlen jedoch einigermassen gut nachvollziehen.
Die Fangzahlen müssen etwas mit Vorsicht betrachtet werden. Sie geben keine Auskunft darüber, wie gross die gefangenen Fische sind. Dies würde zusätzlich noch Infos über die Gewässerqualität liefern.
Was auch erst in neueren Fangstatistiken abgebildet wird, sind die Fänge pro Ereignis (CPUE) und die Ereignisse. Grade bei den Felchenfängen ist es sehr abhängig davon, wie gut zugänglich das Wasser zur Felchensaison ist. Bei hohem Wasserstand gehen auch weniger Fischer ans Wasser, weil die Fische schlechter zu fangen sind. Das verschlechtert die Statistik natürlich. Daher sind vor allem auch Fische welche das ganze Jahr über gefangen werden können interessant.
Im Kanton St. Gallen ist die Fangstatistik ab den 50ern verfügbar. Auch hier ist nicht bemerkt wie hoch die Anzahl der Fischer war. Spannend ist zu sehen, dass die Fischerei noch bis ende der 80er sehr gut war. Regelmässig wurden noch 2000-2500kg Fisch aus dem Fluss entnommen, nur in St. Gallen.
Neuere Zahlen lassen sich nicht wirklich finden, für das Jahr 2010 existier allerdings die Zahl von 130kg Fisch aus dem St. Galler Alpenrhein. Das sind grade mal 5.6% der Menge von aus den 80ern.
Ab 1973 gibt es eine gemeinsame Fischereistatistik von St Gallen und Liechtenstein. Wenn man hier zum Beispiel die etwa 2300kg Fisch aus der St. Galler Statistik vergleicht bedeutet das etwa 10’000 Fische aller Arten für St. Gallen und Liechtenstein.
In beiden Statistiken ist übrigens gut zu sehen, wie die Regenbogenforelle die Bachforelle stark verdrängt. Nach 1981 Ist die Regenbogenforelle viel Dominanter als die Bachforelle.
Im der Statistik Alpenrhein SG und FL ist auch gut zu sehen dass die Fänge ab anfangs der 90er stark eingebrochen sind und such dort auf etwa 2000 Fischen pro Jahr stabilisiert haben. Das deckt sich übrigens auch mit Berichten von Fischern, dass die Fischerei bis zu den 90ern am Rhein ganz gut war.
Die beiden Statistiken finden sich in diesem Bericht über die Gewässerqualität im St. Galler Rheintal ab S. 55.
Ab dem Jahr 1997 sind Zahlen für den gesamten Alpenrhein Verfügbar, allerings nicht als Zahlen sondern immer noch als Grafik. Trotzdem kann die Entwicklung der Fangzahlen so nachvollzogen werden. Bis 2010 waren die Fangzahlen um 4000-5000 Fische noch einiger Massen stabil, sind in den 2010ern auf etwa 2500 halbiert und dann 2020 auf knapp 1000 eingebrochen.
Ab dem Jahr 2009 sind auch konkrete Fangzahlen für jeden Abschnitt am Alpenrhein verfügbar. Zudem werden die Zahlen auch nach Art genau aufgeschlüsselt. Am Beispiel der Bachforelle ist auch zu sehen, wie Stark der Bestand eingebrochen ist. Innerhalb von zehn jahren ist nur noch ein zehntel der menge gefangen worden. Bei den Regenbogenforellen siet es etwas besser aus, im Jahr 2020 waren die Fangzahlen aber auch sehr mager.
Total | Bach-/Seeforelle | Regenbogenforelle | Äsche | Total Forellen und Äschen | Felchen | Andere | Total | Fische/ha |
2009 | 1647 | 1902 | 69 | 3618 | 1816 | 66 | 5500 | 7.1 |
2010 | 1365 | 1777 | 55 | 3197 | 1752 | 39 | 498 | 6.5 |
2011 | 1207 | 2386 | 49 | 3642 | 1403 | 93 | 5138 | 6.7 |
2012 | 797 | 1407 | 42 | 2246 | 422 | 27 | 2695 | 3.5 |
2013 | 782 | 1659 | 29 | 2470 | 394 | 51 | 2915 | 3.8 |
2014 | 680 | 1952 | 42 | 2674 | 1122 | 23 | 3819 | 4.9 |
2015 | 488 | 1623 | 33 | 2144 | 554 | 22 | 2720 | 3.5 |
2016 | 406 | 2153 | 21 | 2580 | 1990 | 38 | 4608 | 6 |
2017 | 206 | 1897 | 17 | 2120 | 403 | 17 | 2540 | 3.3 |
2018 | 130 | 1732 | 24 | 1886 | 373 | 21 | 2280 | 3 |
2019 | 142 | 1327 | 21 | 1490 | 130 | 38 | 1651 | 2.1 |
2020 | 120 | 826 | 21 | 967 | 34 | 36 | 1037 | 1.3 |
In Der Grafik ist der Trend noch deutlicher zu sehen. Die Blaue Linie steht für das Jahrestotal an Forellen und Äschen, die Orange Linie für das Total aller Arten.
Makrozoobenthos im fraglichen Zustand
Der Makrozoobehtos sind kleinlebewesen am Gewässerboden also zum Beispiel Würmer, Insektenlarven, Krebstiere oder Muscheln. Der Makrozoobenthos am Alpenrhein wurde 2015 im Basismonitoring Alpenrhein genauer untersucht, mit besorgniserregendem Ergebnis.
Bereits 2009 wurde eine solche Untersuchung gemacht, daher gibt es bereits einen Basiswert zum Vergleich. Die Untersuchungen wurden jedoch zu zwei verschiedenen Zeiten im Jahr gemacht. Das erschwert die Vergleichbarkeit etwas. Die Beprobung 2015 wurde im Februar gemacht, die Beprobung 2009 im November. Zudem wurden 2015 auch noch weitere Standorte mit einbezogen. Den kompletten Bericht gibt es hier nachzulesen.
Die Individuendichte, also wie viele Insekten (-larven) pro Quadratmeter vorkommen. Im Alpenrhein an den Beprobungsstellen bei Haldenstein und Mastrils ist die Abnahme der Individuen am krassesten zu sehen. Von 9500 auf 3600 bei Haldenstein und von 14700 auf 4500 beim Mastrils.
Was potentiell möglich wäre, zeigen die Proben aus dem Liechtensteiner Binnenkanal. Im 2015 wurden 18600 Individuen pro m2 nachgewiesen, einen Zuwachs von 80% gegenüber 2009.
Im Vergleich zur Untersuchung im 2009 wurden 2015 war auffällig, dass die Menge an anspruchslosen Arten wie Eintagsfliegen auch als Maifliegen bekannt (Baetis rhodani), Steinfliegen (Protonemoura) oder Köcherfliegen (Allogamus auricollis) zurückgegangen ist. Nur Zuckmücken haben zugenommen. In der Benthosfauna also bei den Lebewesen am Gewässergrund kommen fast ausschliesslich strömungsliebende oder zumindest strömungstolerante Arten vor.
Biomasse kritisch wenig
Im Zuge des Fischökologischen Monitoring 2019 wurde an diversen Stellen am Alpenrhein, aber auch die untersten Strecken von Vorder- und Hinterrhein sowie einige Belgeitgewässer. Die wichtigste Erkenntnis, im Rhein ist die Biomasse der Fische miserabel. Im Bericht wird beschrieben, dass man nicht mehr wirklich von einem Fischbestand sprechen kann, sondern dass es sich eher um einen Restbestand bzw. um vereinzelte Exemplare.
Auch hier gab es vorhergehende Untersuchungen 2005 und 2013. Auch hier zeigt sich, es war schlecht und es ist noch schlimmer geworden. Der Rückgang des Bestandes nochmals deutlich zu sehen, im Rhein gibt es kaum noch Fische. Solche Studien haben auf Grund der Methodik immer eine gewisse Ungenauigkeit, trotzdem sind die Ergebnisse aussagekräftig.
Eine Biomasse von unter 25kg/ha wird in der gemachten ökologischen Bewertung (Fisch-Index-Austria) auf jeden Fall als schlecht gewertet (KO-Kriterium). Im 2019 lagen alle Strecken im Rhein unter 7kg/ha. Betont wird im Bericht auch, dass die Biomasse vor allem von grossen, wandernden Seeforellen nach oben gedrückt wurde. Ohne die Seeforellen würden werden von 0.3 bis 1.6 kg/ha erreicht werden was 1 bis 6% des Mindestwertes entsprechen.
Bachforellen über 25cm (Schnomass) wurden im gesamten Rhein kaum nachgewiesen. Die Fische haben höchstens eine Länge von 30 bis 35 cm erreicht. Regenbogenforellen waren etwas grösser, auch hier erreichten nur wenige Exemplare das Schnomass von 25cm. Bei den Äschen wurden im Monitoring nur drei Fische über 35cm (Schonmass) gefangen.
Andere Arten wie zum Beispiel Flussbarsch (Egli) oder Trüsche (Quappe) wurden gar nicht mehr nachgewiesen. Was allerdings zugenommen hat ist die Anzahl der Strömer.
Spannend ist auch ein Blick in die untersuchten Seitengewässer. Hier wurde der Liechtensteiner Binnenkanal (Lettensteg) als bester Gewässerabschnitt bewertet. Auch in den Seitengewässern ging die Biomasse zum teil Deutlich zurück, liegt aber immer noch bei einem Vielfachen der des Alpenrheines.
Hauptproblem Schwallbetrieb
Das Hauptproblem am Alpenrhein ist der Schwallbetriebt. Dieser ist auch als Sunk- und Schwallbetrieb bekannt. Die Wasserkraftwerke lassen das Wasser dann laufen, wenn die besten Preise erzielt werden können. Der Pegel am Alpenrhein kann so über den Tag um mehr als 1m schwanken.
Der Schwallbetrieb schädigt nicht nur die Fische durch Abdriften, Sinkt das Wasser schnell stranden auch Fische. Die Schwallzone welche regelmässig trocken fällt ist zudem eine Todeszone für jegliches Leben. Wasserlebewesen stranden, Landlebewesen werden weggespült. So kann sich kein Leben in und am Fluss entwlickeln.
Die Problematik des Schwallbetriebes am Alpenrhein ist schon seit Jahren bekannt. Erste Studien die auf verschiedene Probleme mit dem Schwallbetrieb hinweisen gibt es schon seit 1985. Spätestens seit 1998 ist das Problem eindeutig beschrieben.
Im Synthesebericht der IKRA von 2001 wird klar auf verschiedene Probleme des Schwallbetriebes hingewiesen, unter Anderem: Schwankungen im Sauerstoffgehalt und Wassertemperatur, Schwankungen von Wasserstand und Fliessgeschwindigkeiten, Erhöhte Trübung, Abdriften, Trockenfallen, Stranden, Verminderte Produktivität des Gewässers, vermindertes Nahrungsangebot für Fische oder Beeinträchtigung der Reproduktion von Fischen.
Im Synthesebericht von 2001 ist bereits klar vermerkt (S42), dass die Schwallspitzen und die Schwallamplituden verringert werden müssen. In praktisch jedem Bericht zum Alpenrhein der seit dann erschienen ist wird der Schwall als Hauptproblem festgehalten.
Seit 2001 ist viel Wasser den Rhein runter, weder die Schwallspitzen noch die Schwallamplituden haben sich aber verringert. Zwar gab es zwischen 2005 und 2012 einen kurzfristigen Rückgang, danach wurde aber um so heftiger wieder aufgedreht.
Eine umfassende Studie zum Schwallbetrieb und dessen Verminderung wurde bereits 2012 veröffentlicht. Passiert ist seit dem jedoch gar nichts, ausser dass sich die Lage noch verschärft hat.
Zerstörte Flachwasserzone durch Schwallbetrieb
Die Flachwasserzone an den Gewässerrändern ist das Hauptproblem am Alpenrhein. Die flachen Zonen sind in Gewässer die produktivsten Bereiche. Hier spielt. Sich ein grosser Teil des Unterwasserlebens ab. Dort entwickeln sich Insektenlarven oder kleine Fische finden in den Strömungsarmen bereichen zuflucht.
Im Alpenrhein schwankt der Pegel um etwa einen Meter (1m) und mehr jeden Tag. Dies ist eine tote Zone. Hier kann langfristig kein Leben entstehen. Direkt nach dem Kraftwerk Domat/Ems sind die Pegelaussschläge am extremsten. Mehrfache Pegelveränderungen um 2m innerhalb des Tages sind Alltag. Konkret bedeutet dass, (Beispiel vom 28.1.22) um 04:30 10m3/s auf 562.27 m.ü.M., um 09:00 133m3/s auf 564.01 m.ü.M.
Die Pegelveränderungen sind so extrem, dass die Schwallwellen auch noch an der Messtation Diepolsau krasse Auswirkungen haben. Konkret bedeutet das hier (Beispiel vom 28.1.22) 13:50 69 m3/s auf 407.12 m.ü.M., 19:30 151 m3/s auf 407.57. Dies obwohl bis dorthin schon diverse andere Gewässer in den Rhein gemümdet sind. Auch hier gibt es Schwankungen bis zu 0.5m.
Wie gross die Flachwasserzone ist hängt auch von der Breite des Gewässers ab. Während der Rhein bei der Messstation (je nach Wasserstand) etwa 60m breit. Weiter unten auf Höhe Rüthi SG ist der Rhein mit etwa 110m fast doppelt so breit. Die Flachwasserzone ist so auch grösser und fällt schneller trocken.
Durch die Zerstörung der Flachwasserzone bricht die gesamte Nahrungskette im Alpenrhein zusammen. Zwar gibt es Insektenarten, welche auch in den tieferen Stellen leben, das leben dort ist jedoch längst nicht so reichhaltig wie in den Flachwasserzonen. Das wirkt sich nicht nur auf den Fischbestand aus, sondern auch auf andere Insektenfessende Arten wie Vögel, Amphibien, Kleinsäuger oder Fledermäuse.
Grade Arten wie der Flussuferläufer (Vogel) sind am Rhein sehr stark unter Druck. Am Alpenrhein genau so wie am Vorder- und Hinterrhein. Dem Flussuferläufer, der auf der Roten Liste steht und als stark Gefährdet (eine Stufe vor vom Aussterben bedroht) gelistet ist, wir die Nahrungsgrundlage genau so entzogen wie der vom Aussterben bedrohten Nase.
An den Ufern des Alpenrheins lassen sich auch kaum Insekten beobachten. Kehrt man Steine im Wasser um, finden sich dort praktisch keine Stein-, Mai- oder Köcherfliegenlarven. Auffällig ist auch das ausbleiben von Insekten an schönen Tagen. Während an umliegenden Gewässern oft diverse Arten in der Luft sind, ist vor allem am Bündner Alpenrhein nicht zu sehen.
Zudem zerstört der Schwallbetrieb recht zuverlässig Laichgruben in Randbereichen. Die Laichmöglichkeiten für Fische am Alpenrhein sind sowieso schon kaum vorhanden. Und vor allem im oberen Teil, noch vor der Einmündung der Landquart. Grade dieser Bereich ist durch das Kraftwerk Domat/Ems sehr stark vom Schwallbetrieb betroffen.
Optimales Laichhabitat für Bach- und Seeforellen ist eine Wassertiefe von 20-40cm, auch tiefen von 5-120cm können funktionieren. Bei Pegelschwankungen von über 1m werden praktisch alle diese Habitate irgendwann trockengelegt.
Stranden durch Schwallbetrieb
Der schnelle Rückgang des Wassers führt auch dazu, dass Wasserlebewesen stranden. Bei Insekten führt dies dazu, dass die Larven absterben und sich die Insekten so nicht vermehren können. So fehlt die Nahrungsgrundlage für andere Lebewesen im und am Fluss. Ein Video von gestrandeten Insektenlarven gibt es auf Youtube.
Auch grössere Lebewesen wie Fische stranden durch den Schwallbetrieb. Während grössere Fische meistens noch einigermassen schnell reagieren können und sowieso schon in eher stärkerer Strömung stehen, können sich kleine Fische meistens nicht mehr Retten. Auch der Laich der Fische liegt trocken und verendet. Auch weniger flexible Fische wie zum Beispiel Groppen stranden schnell.
Zwar kommen grosse Fische besser mit dem Schwallbetrieb klar, dass bedeutet aber nicht, dass sie nicht stranden. Auch von grösseren Fischen gibt es Nachweise, dass diese auch durch den Schwallbetrieb stranden. Im IRKA Basismonitoring Bericht von 2015 (S. 65) sind gestrandete Seeforellen Laichfische aus dem Jahr 2009 vermerkt, also ein bekanntes Problem.
Gestrandete Fische oder solche, welche in Restwassertümpeln zurückbleiben sind natürlich leichte Beute für Räuber. Raben, Graureiher oder auch Füchse lassen sich solche Chancen nur selten entgehen und nutzen das Nahrungsangebot. Aus diesem Grund ist es auch schwer das Stranden von Fischen konkret nachzuweisen.
Verdriften durch Schwallbetrieb
Ein weiteres Problem beim Schwallbetrieb ist das sogenannte verdriften. Im Schwall werden die Fische mitgerissen und können sich oft erste einige hundert Meter weiter unten fangen.
Zudem brauchen Fische zum Aufwärts wandern einen eher tiefen Wasserstand und Stellen die Wanderung nach einem verdriften einige Tage ein. Am Alpenrhein kommen pro Tag auch zwei Hochwasser. Das beeinflusst zum einen die Seeforellenwanderung, zum anderen auch die heimischen Bachforellen.
Bereits im Jahr 2007 wurde im Rahmen einer Diplomarbeit der negative Einfluss vom Schwallbetrieb auf die Seeforellenwanderung nachgewiesen.
Bodenverdichtung durch den Schwallbetrieb
Durch den starken Schwallbetrieb findet auch eine Bodenverdichtung statt. Ritzen zwischen den Steinen, welcher ein wichtiger Lebensraum für Insekten und Jungfische sind werden mit Sediment gefüllt und Verdichtet. Der wichtige Lebensraum am Gewässergrund verschwindet.
Es gibt Stellen am Rhein, in denen man mit der Hand fast nicht graben kann, weil der Flussgrund fast wie Zement verdichtet ist. Das führt zum einen dazu, dass die Forellen kein passendes Laichsubstrat mehr finden, zum anderen finden auch die Insekten keinen Lebensraum mehr. Auch Jungfische verlieren so einen wichtigen Lebensraum zwischen den Steinen.
Die Bodenverdichtung oder auch Kolmation führt auch dazu, dass sich Flusswasser und Grundwasser nicht mehr austauschen können. Verschiedene Lebewesen sind jedoch auf diesen Austausch angewiesen. Eine Bodenverdichtung wirkt sich auch negativ auf die Filterwirkung aus und kann so Problematisch für die Trinkwasserversorgung werden. Im Liechtenstein gibt es bereits Probleme mit belastetem Trinkwasser.
Mehr über die Bodenverdichtung durch Schwallbetrieb gibt es in diesem Bericht über die Rohne der EAWAG auf Seite 302.
Tiefere Rinne durch den Schwallbetrieb
Durch den Schwallbetrieb wird zudem die Rinne des Rheins stärker vertieft. Seit 1990 fällt der Spiegel des Rheins immer Tiefer, teilweise wurde der Rhein bis zu zwei Metern eingetieft. Gut beobachten kann man das auch an den kleineren Seen im Churer Rheintal. Der Zizerser Gumpen hat zum Beispiel seit 1970 mindestens drei Meter an Höhe verloren.
Im Abschnitt Tardisbrücke – Sarelli hat sich der Rhein zwischen 1972 und 2016 über 1.5m tiefer gefressen.
Das tiefer Fallen des Rheins hat auch Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel. So Fallen zum Beispiel ökologisch wertvolle Begleitgewässer (Giessen) teilweise Trocken, darunter auch der genannte Zizerser Gumpen.
Die Grundwasserabsenkung führt auch zu einer höheren Nitratbelastung im Grundwasser. Das ist vor allem im Lichtenstein problematisch. Ein Teil der Eintiefung, liegt heute 6m tiefer als noch vor 150 Jahren, hat aber auch mit der Kanalisierung zu tun.
Der Schwallbetrieb in Zahlen
Die Pegel im Rhein werden schon sehr lange gemessen, so kann man gut nachvollziehen, wie die Wasserkraft den Pegel des Rheins beeinflusst. Die Auswertungen für diesen Beitrag sind nur sehr rudimentär, zeigen aber gut, wie krass sich die stark der Schwallbetrieb über die Jahre zugenommen hat.
Bei der Auswertung wurden die Pegelstände aufgrund der Meereshöhe verwendet, nicht die Abflussmenge. Die Messstation wurde im Jahr 1983 verlegt, von Felsberg nach Domat/Ems.
Die Untenstehende Grafik zeigt, wie stark sich die die Durchschnittliche Pegelveränderung pro Tag zugenommen hat. Gerechnet wurde wie Folgt, Beispiel vom 08.03.08: Der Maximalpegel lag bei 564.426 m.ü.M., der Minimalpegel lag bei 563.331 m.ü.M., was eine Tagesschwankung von 1.095 Metern ergibt. Der Pegel des Rheins hat sich an diesem Tag also über 1m verändert.
Während die Pegelschwankungen bis und mit 1980 noch bei durchschnittlich unter 0.5m pro Tag lagen (die Messstation lag damals unterhalb der Plessurmündung), stiegen die Pegelunterschiede danach auf bis über 0.6m pro Tag.
Extrem wurde es dann in den 90ern, als der Jahresdurchschnitt von 0.6m auf über 0.9m anstieg. Um nochmals auf die Fangstatistik zurück zu kommen Anfang der 90er gab es einen starken Rückgang der Fänge. Von einem Zusammenhang kann also ausgegangen werden.
Seit den 2000ern lag die Durchschnittliche Tagesschwankung dann fast immer über 0.9m, mit einem kleinen Unterbruch von 2012 bis 2014. 2020 lag die durchschnittliche Tagesschwankung dann über 1.2m.
Der Durchschnittswert ist natürlich nicht über jeden Zweifel erhaben, Beispielsweise werden Extremereignisse wie Hochwasser mit einberechnet. Bei einem Hochwasser kann der Pegel des Rheins auch gut um über 3m pro Tag ansteigen. Da der Durchschnitt aber über das ganze Jahr gerechnet wird, also 365 bzw. 366 Tage werden Extremereignisse jedoch stark ausgeglichen. Zudem ermöglicht die Lange Zeitreihe einen guten Vergleich, da Hochwasser immer wieder vorkommen.
Gewisse Schwankungen am Tag sind auch natürlich. Zum Beispiel kann es durch Schneeschmelze oder durch lokale Starkregen der Pegel im Rhein natürlich schwanken. Man darf aber nicht vergessen, dass die Wasserkraftnutzung am gesamten Bündner Rhein massiv ist und es keine Daten aus eine Zeit ohne diese gibt.
Interessant ist auch ein Blick auf die Intensität der Pegelveränderungen. Auch hier wurde mit der Pegelhöhe über dem Meer verglichen. Die untenstehende Grafik zeigt, wie stark sich der Pegel im Alpenrhein innerhalb von einer Stunde, zwei stunden und drei Stunden Maximal oder Minimal verändern kann. Ein kleiner Wert zeigt eine geringe Intensität an, ein hoher Wert beim Maximum und ein Tiefer wert beim Minimum zeigt eine hohe Intensität an.
Anfangs der Messreihe, im Jahr 1974 hat sich der Pegel des Rheins in einer Stunde durchschnittlich maximal noch um 0.24m gehoben und um 0.15m gesenkt. Im Jahr 2020 war der Durchschnitt des Maximalanstieges bei 0.69m und der das Absinkens bei 0.54m. Wie die Grafik auch gut anzeigt, korrelieren die ein, zwei und drei Stunden Schwankungen auch stark miteinander.
Bei der Intensität zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den durchschnittlichen Tagesschwankungen. Es wird immer extremer. Währen bis 1980 die Schwankungen noch wenig intensiv waren wurden sie in bis zum Jahr 2000 immer stärker, hatten um 2013 einen leichten Dämpfer und erreichten 2020 das Maximum.
Die Grafik unten zeigt, wie extrem im Jahr 2021 der Abfluss Anfang Februar schwanken kann. Am 03.02.2021 um 07:40 lag der Pegel bei 562.25 m.ü.M., am 03.02.2021 um 11:20 bei 563.17 m.ü.M. Das ist eine Veränderung über 0.91m innerhalb von 3h und 40 min. Von 07:40 bis 08:30 ist der Pegel dabei um knapp 0.4m auf 562.64 m.ü.M. innerhalb von 50 Minuten gestiegen, was vergliche mit dem Stundendurchschnitt von 2020 noch 0.3m unter dem Durschnitt ist.
Diverse andere Probleme am Alpenrhein
Neben dem Schwallbetrieb gibt es im Alpenrhein aber auch diverse andere Probleme, wie zum Beispiel eine starke Verbauung und Begradigungen, abgeschnittene Seitengewässer und wenig potentielle Laichplätze. Diese Probleme bestehen jedoch schon deutlich länger also der immer stärker werdende Schwallbetrieb.
Zwar helfen diese Probleme nicht, dass sich im Alpenrhein eine gute Fischpopulation entwickeln kann, wie historische Fangzahlen aber auch belegen, scheint es diese aber auch nicht all zu sehr zu mindern. Der Rhein wie er jetzt im Bett liegt und die abgeschnittenen Seitengewässer sind schon seit mehr als 40 Jahren unverändert.
Begradigung und Verbauungen am Alpenrhein
Am Rhein wurden, wie bereits geschrieben, diverse Begradigungen vorgenommen. Ab der Illmündung ist der Alpenrhein in ein Bett gezwängt das maximal 70m breit ist.
Auch vorher hat der Alpenrhein nur zwischen 70 und 110m Platz, Ausnahme sind die Mastrilser Auen. Die Mastrilser Auen sind auch noch das einzige natürliche Gebiet am Alpenrhein. Der ganze Rest ist künstlich und verbaut.
Der Alpenrhein ist jedoch schon seit langer Zeit begradigt. Erste Rheinkorrekturen erfolgten bereits in den 1860ern. Auf der Historischen Karte der Schweiz von 1890 kann man klar erkennen, dass der Rhein bereits dann (Abgesehen vom Durchstich Höchst) in dem Bett das er heute hat liegt.
Die Begradigung hat dem Fischbestand also nicht wirklich zugesetzt. Klar aus den 1860ern gibt es keine Fangzahlen oder Fischökologische Erhebungen, und es ist auch nicht erkennbar, ob Arten, welche nicht Strömungstollerant sind verschwunden sind. Die Fangzahlen, welche seit den 1960ern vorhanden sind, zeigen jedoch klar, dass die Begradigung nicht das Hauptproblem sein kann.
Alle morphologischen Defizite (Strukturdefizite) werden auch im Bericht Fischökologisches Monitoring ab Seite 20 aufgeführt.
Auch diverse andere Gewässer wie der Liechtensteiner Binnenkanal, der Werdenberger Binnenkanal oder auch der Inn im Engadin sind stark begradigt. Trotzdem gibt es dort durchaus passable bis gute Fischbestände. Die Begradigungen und Verbauungen am Alpenrhein können also nur sehr bedingt für den schlechten Fischbestand verantwortlich gemacht werden.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass gute Fischbestände an begradigten Gewässern möglich sind.
Veränderung Wassertemperatur und Abflussmenge durch Wasserkraft
Die Nutzung der Wasserkraft hat am Alperhein und den Zuflüssen eine sehr lange Tradition. Den Stausee Isel bei Arosa gibt es zum Beispiel schon seit 1897. Das Zurückhalten von Wasser währen der Schneeschmelze und das verzögerte Ablassen haben aber Auswirkungen auf die Wassertemperaturen und die Abflussmengen.
Seeforellen Wandern zum Beispiel eher bei Tiefen Pegelständen die Flüsse aufwärts. Dies war vor der Wasserkraftnutzung vor allem ab August bis in den Winter hinein der Fall. Die sommerliche Schneeschmelze hatte den Höhepunkt überschritten und in den Bergen kann man ab September durchaus mit bleibendem Schnee rechnen.
Durch das Speichern des Wassers in Staubecken haben die Pegelstände vor allem im Winter zugenommen und sind im Sommer geringer geworden. Auch die Wassertemperatur ist durch die Wasserspeicherung im Sommer eher kälter und im Winter tendenziell wärmer.
Solche Eingriffe in den Abflussmenge und die Temperatur von Gewässern muss jedoch nicht zwingend negativ sein. In Nordamerika sind sogenannte Tailwater (Gewässerabschnitte nach Stauhaltungen) bekannt für sehr ertragreiche Fischerei. Ein regelmässiger Abfluss aus Stauhaltungen muss sich nicht negativ auf ein Gewässer auswirken.
Grundsätzlich hat sich ein Gewässersystem jedoch über Jahrtausende so entwickelt, dass es am Besten im natürlichen Zustand funktioniert. Das Ökosystem in alpinen Gewässer braucht die jährlichen Hochwasser um optimal funktionieren zu können.
Abgeschnittene Seitengewässer, keine Fischwanderung möglich
Wie im Abschnitt über den Lebenszyklus der Seeforelle bereits geschrieben, braucht diese gewisse Gewässerabschnitte um sich fortpflanzen zu können. Durch die Nutzung der Wasserkraft und sonstige Eingriffe wurden jedoch diverse Gewässer und für die Fortpflanzung der Forellen abgeschnitten.
Das krasseste Beispiel sind Vorder- und Hinterrhein, welche bis 2000 für die die Seeforellen nicht mehr erreichbar waren. 2000 wurde dann am Kraftwerk Reichenau endlich die Fischtreppe eröffnet.
Diverse andere Gewässer sind jedoch immer noch abgeschnitten. Zum Beispiel konnte die Seeforelle im Vorderrhein bis hinter Disentis wandern, heute ist nach Ilanz faktisch schlussAuch die Landquart ist nach etwa 4.5km bei der Chlus für die Seeforelle abgeschnitten. Ursprünglich konnten die Fische bis hinter Klosters wandern.
Ähnlich sieht es in der Plessur aus. Diese war für Forellen bis hinter Lüen passierbar, heute ist am Plessurfall bei Chur schluss. So entfallen diverse wichtige Laichgebiete. Grade die Landquart ist eher weniger Stark von Wasserkraftnutzung betroffen und wäre daher ein wichtiger Reproduktionsraum für die Seeforellen.
Wenig Möglichkeiten für Jungfische und Laichgruben
Im Alpenrhein gibt es nur sehr wenig Möglichkeiten zum Laichen. Auch Jungfische haben nur sehr beschränkte Möglichkeiten sich zu entwickeln. Im Alpenrhein gibt es durch die wenigen Strukturen auch wenige Jungfischhabitate. Ähnlich sieht es bei Laichplätzen aus.
Laichgruben im Rhein und den Nebegewässern für Forellen konnten 2015 nur in den Mastrilser Auen, den Rhäzünser Auen (Hinterrhein) sowie im Vorderrhein oberhalb von Ilanz nachgewiesen werden. Hier aber auch nur an den Stellen, welche ständig mit Wasser bedeckt sind (Schwallproblematik).
Gute Laichgebiete gibt es neben den Problemen, welche durch den Schwallbetrieb verursacht werden (Kolmation, ändernde Strömungsverhältnisse und Trockenfallen) eher wenige. Dazu kommt noch, dass viele mögliche Laichgebiete verbaut sind. Die Laichgebiete in der Plessur und der Lanquart sind für die Seeforelle nicht erreichbar
Haben es die Eier und Fischlarven trotz aller Widrigkeiten ins Jungfischalter geschafft, sind die Jungfischhabitate sehr dünn gesät. Auch hier sind vor allem die Mastrilser Auen und die Rhäzünser Auen wichtige Jungfischhabitate. In den Rhäzünser Auen konnten im Bericht 2019 noch einigermassen brauchbare Jungfischbestände nachgewiesen werden in den Mastrilser Auen konnten nur sehr wenig Bachforellen nachgewiesen werden, viele davon jedoch Jungfische.
Hierbei ist aber auch zu bemerken, dass der Besatz an Jungfischen am Alpenrhein massiv ist. Ein Höhepunkt war zum Beispiel im Jahr 2017 als über 80’000 Jungfische besetzt wurden. In anderen Jahren wurden zwar auch weniger besetzt (2015 etwa 2000), grosse Auswirkungen auf den Fischbestand hat der Besatz aber nicht.
Fehlendes Totholz im Alpenrhein
Das Fehlen von Totholz im Alprhein ist auffällig. Das ist auch im Bericht zum Basismonitoring Ökologie 2015 festgehalten, dort wurden keine Totholzstrecken gefunden, in denen Untersuchungen hätten gemacht werden könnnen.
Totholz ist für ein Gewässer aber sehr wichtig. Es bietet Schutz für Jungfische und dient Kleinstlebewesen als Lebensraum. Zudem leitet Totholz im gegensatz zu Steinen keine Wärme und ist daher auch im Hinblick auf Gewässererwärmung unproblematisch.
Im Alpenrhein gibt es so gut wie kein Totholz. Zum einen wird Totholz aus Vorder- und Hinterrhein am Kraftwerk Reichenau aufgehalten und entnommen. Gemäss Gewässer Schutz Gesetzt Art. 41 darf es auch nicht mehr zurükgeführt werden.
Totholz welches trotz allem im Alpenrhein landet, wird durch den Schwallbetrieb weggespült. Gut sichtbar ist das bei den Bibern, welche versuchen am Alpenrhein Dämme zu bauen. Alle Biberdammansätze werden schnell wieder weggeschwemmt.
Verminderter Phosphoreintrag
Neben dem Totholz werden durch die Nutzung der Wasserkraft und den Kläranlagen dem Gewässerlebensraum auch Nährstoffe wie Phosphor entzogen. Dadurch fehlen im Gewässer wichtige Grundlagen, damit Insekten und somit auch Fische gut gedeihen können.
Mehr Infos dazu gibt es auf der Webseite des Fischereivereins Chur.
Sedimentfracht aus Stauseespülungen
Bei Stauseen müssen von Zeit zu Zeit Sedimente ausgespült werden. Das Einzugsgebiet des Alpenrheins liefert sei jeher sehr viel Sediment, pro Jahr bis zu 3 Mio m3, welche in den Bodensee geschwemmt werden. Daher ist es nicht so ungewöhnlich, dass der Alpenrhein auch mal getrübt ist.
Natürlicherweise werden solche grösseren Sedimentsfrachten bei Hochwassern mitgeführt. Das bedeutet, ein Teil lagert sich im Alpenrhein ab, punktuell kann es auch zu grösseren Ansammlungen kommen und den Flussverlauf ändern. Ein Grossteil wird jedoch in den Bodensee geschwemmt.
Bei Stauseespülungen ist das Problem, dass die Sedimente irgend wann rausgespült werden können, ohne Hochwasser. Das führt dazu, dass sich das Sediment gut verteilt im ganzen Alpenrhein ablagern kann und die Zwischenräume zwischen dem Kies auffüllt.
Grade wenn solche Stauraumspülungen in der Zeit passieren, wenn noch Fischlaich oder Fischlarven im Flussbett sind, kann sich das Verehrend auf die Fischbrut auswirken. Sediment kann auch die Bodenlebewesen im Flussbett zudecken oder ersticken, vor allem wenn viel kommt. Beim Basismonitoring 2015 wurde der Eintrag mehrerer Dezimeter festgehalten. Das bedeutet mindestens eine Schicht von 20cm.
Geringe Restwassermenge
Am Alpenrhein gibt es Teilweise sehr geringe Restwassermengen. Bei der Messstation Domat/Ems kommen teilweise nur 10m3/s durch. Das bedeutet, dass sich das Leben im Rhein nur in diesem geringen Restwasser halten kann, im Rest des Flussbettes stranden die Lebewesen irgendwann.
Experten für den Alpenrhein wie Chris Wittmann sprechen davon, dass mindestens 25m3/s nötig wären um langfristig. Natürlich hat der Rhein im Februar mit 29m3/s angegeben.
Aus dem Bericht zur Untersuchung von Schwallbetrieb am Alpenrhein 2012 geht zudem hervor, dass für mögliche Laichplätze in den Mastrilser Auen eine durchschnittliche Mindestrestwassermenge von 60m3/s bei Domat/Ems sein müsste. Bei der Studie im Jahr 2012 war es ein Mindestdurchschnitt von 27m3/s. Seit dem hat sich der Schwallbetrieb jedoch nochmals deutlich intensiviert.
Fischräuber
Ein Thema, was bei Fischern immer wieder heiss diskutiert wird, sind Fischfressende Tiere wie Fischotter, Kormoran oder Graureiher. Das Thema ist für manche ein Rotes Tuch, das zu hitzigen Diskussionen führen kann.
Vor allem am Bodensee gibt es grosse Kormorankolonien. Wie gross die Schäden sind ist jedoch schwer nachzuweisen, da genaue Auswertungen sehr schwierig zu machen sind. Für den Alpenrhein sind solche Fischräuber jedoch ein sehr geringes Problem.
Wie bereits geschrieben, kann man im Alpenrhein von einem Restbestand an Fischen sprechen. Das Gewässer ist so auch für Fischräuber sehr unattraktiv, da ihnen schlicht die Lebensgrundlage fehlt.
Im Engadin trifft man den Fischotter wieder regelmässig an, im Alpenrhein kann sich das Tier nicht halten. Im Alpenrheintal sind Ottersichtungen immer noch Einzelsichtungen. An dieser Stelle sei auch darauf hingeweisen, dass kein Otter, Kormoran oder Graureiher ein Gewässer komplett leerräumen kann.
Kein Amphibienlebensraum
Der Amphibienlebensraum um den Alpenrhein ist kaum vorhanden. Die Auenlandschaften rund um den Alpenrhein sind in einem schlechten Zustand. Langsamfliessende Stellen am Alpenrhein gibt es keine.
Amphibien wie Frösche oder Molche sind jedoch ein wichtiger Teil in der Nahrungskette, nicht nur für Fische sondern auch für Vögel oder Säugetiere.
Konkurrenz durch andere Fischarten
Die Bach- und Seeforellen im Alpenrhein und Bodensee sind durch andere Arten unter Druck, durch den Hecht im Bodensee und durch die Regenbogenforelle im Alpenrhein und Bodensee. Beide Arten sind Nahrungskonkurrenzen und Fressfeinde von See- und Bachforellen.
In den letzten Jahren wurden vermehrt grosse Hechte im Bodensee gefangen. Dass kann sowohl Ursache als auch Folge des Seeforellenrückgangs sein. Klar ist jedoch, dass Hechte aufgrund der wärmeren Wassertemperaturen einen Vorteil gegenüber Forellen haben.
Auch die Regenbogenforelle kommt im Bodensee als Wanderform (Alpensteelhead) und im Alpenrhein vor. Mit den starken Strömungen im Alpenrhein kommen die Regenbogenforellen besser zurecht als Bachforellen. Regenbogenforellen suchen zudem auch ähnliche Laichplätze wie Bachforellen auf und können das Brutgeschäft der Bachforellen stören.
Eintrübung und kalte Wassertemperaturen durch Gletscherschmelze
Das vermehrte Abschmelzen der Gletscher in den letzten Jahren soll zu einer stärkeren Trübung und kälterem Wasser vor allem im Vorderrhein und somit auch im Alpenrrhein führen. Dies wurde auf jeden Fall vom Amt für Jagt und Fischerei Graubünden als mögliche Erklärung für Rückläufige Fangzahlen im Vorderrhein angeführt. Mehr dazu gibt es in diesem Artikel der Südostschweiz.
Beachtet man jedoch, dass die Gletscher im Rheineinzugsgebiet schon seit mehr als 100 Jahren auf den Rückzug sind und ein Grossteil der Gletschermasse schon verschwunden ist, scheint dies ein eher fragwürdiges Argument.
Ausserdem zeichnet sich der Rhein sowieso durch sehr viel Sedimentsfracht und somit auch Trübung aus. Temperaturveränderungen gibt es ebenfalls durch den Kraftwerksbetrieb.
Auswirkungen auf Ökosysteme bis in den Bodensee
Der Rhein ist der wichtigste Zufluss des Bodensees. Der Rhein bringt 61% des Wassers, welches in den Bodensee fliesst was aus 56% des Bodenseeeinzuggebietes gesammelt wird. Der Alpenrhein und die Nebengewässer sind also sehr bedeutend für das Ökosystem Bodensee. Ein Teil des Zustandes des Bodenseees lässt sich so auch mit dem miserablen Zustandes des Alpenrheines erklären.
Auch wenn Verhälnisse in einzelnen Feldern nicht ganz stimmen mögen, so hat der Alpenrhein jedoch das Potential für über 50% des der durch Gewässer eingetragenen Nahrung verantwortlich zu sein und über 50% des Flusslaichgebietes für Bodenseefische auszumachen. Diese enorm wichtige Gebiet fällt mit der heutigen Situation als Laichgebiet komplett und als Nahrungsquelle fast komplett aus.
Nährstoffe, welche über Jahrhunderte von Insekten im Alpenrhein verwertet wurden, werden nun in den Tiefen des Bodensees fast ungenutzt Endgelagert. Diese Organismen, welche eine wichtige Nahrungsgrundlage für eine Ökosystem wie den Bodensee bilden fehlen hier.
Aber auch im gesamten Alpenrheintal leidet die Fauna durch den Zustand des Alpenrheines. Beispiel dafür sind die Werdenberger und der Liechtensteiner Binnenkanäle. Im Fischökologischen Monitoring 2019 wurde zwar ein allgemein guter Zustand vermerkt, die Biomasse an Fischen ist jedoch vergleichsweise gering für das Gewässer. Dies wurde auch mit dem schlechten Zustand des Alpenrheins erklärt.
Ein gutes Beispiel für dafür wie sich das Fehlen von Insekten am Alpenrhein auf eine ganze Region auswirkt sind Eintagsfliegen (auch als bei Fischern auch als Maifliegen bekannt). Eintagsfliegen schlüpfen meistens in grossen Mengen auf einmal, sind aber im Alpenrhein fast komplett verschwunden. In anderen Gewässern, welche im besserem Zustand sind als der Alpenrhein können solche Massenschlupfe schon fast zur Plage für Menschen werden.
Die Tiere in einem grossen Gebiet um das Gewässer freuen sich jedoch über diese Nahrungsquelle. Kommt nur etwas Wind auf, können die Eintagsfliegen über sehr weite Flächen verteilt werden. Davon profitieren neben den Fischen im Fluss natürlich auch Vögel wie Schwalben, Regenpfeifer oder Stelzen. Auch Kleinsäugern wie Mäusen, Igeln oder in der Nacht Fledermäuse profitieren von diesem reichhaltigen Nahrungsangebot.
Der Alpenrhein ist somit nicht nur für Fische als Nahrungsquelle Relevant sondern auch für diverse andere Tierarten. Der aktuell miserable Zustand sollte also nicht nur den Rheinfischern Sorge bereiten, sondern neben den Fischern im Bodensee, den Fischern im übrigen Alpenrheintal, Vogelschützern, Fledermausschützern und anderen Natur- und Umweltorganisationen.
Rechtliche Lage für den Schwallbetrieb fragwürdig
Der Schwallbetrieb wie er Momentan betrieben wird, ist rechtlich mindestens fragwürdig wenn nicht illegal. Massgeblich ist hier das Gewässer Schutz Gesetzt (GSchG), abrufbar unter diesem Link.
Der Kanton Graubünden nimmt hier eine etwas fragwürdige Rolle ein. Zum einen wäre der Kanton für den Vollzug zuständig, gleichzeitig gehört dem Kanton aber auch ein Teile der Kraftwerke des Schadens am Alpenrhein. Hier besteht also ein eindeutiger Interessenkonflikt.
Sanierung von Schwallstrecken bis 2030
Seit dem 1.1.2011, also seit Stand heute über 11 Jahren ist der GSchG Art. 39a in Kraft, welcher die Sanierung von Schwallstrecken vorsieht. Bis 2030 gilt noch eine Übergangsfrist, bis die Sanierung abgeschlossen sein muss. Für die Kraftwerke um den Alpenrhein gibt es zwar sehr weittragende Pläne mit Ausgleichsbecken oder Umleitungsstollen, eine Konkrete Umsetzung ist jedoch noch nicht geplant. Dafür würde den Betreibern der Kraftwerke noch bis 2030, also knapp 8 Jahre, Zeit bleiben.
Allgemein sind solche Projekte in der ganze Schweiz stark verzögert, dies obwohl Sanierungsmassnahmen vergütete werden.
Wie aus der Betrachtung der Schwallzahlen in vorhergehenden Abschnitten hervorgeht, zeigen die Kraftwerksbetreiber auch keinerlei Bemühungen den Schaden klein zu halten. Man könnte versucht sein zu denken, dass die Zitrone noch möglichst lange ausgepresst werden soll.
Beim Alpenrhein kommt noch dazu, dass neben Schweizer Recht auch Österreichisches und Liechtensteiner Recht betroffen sind. Nach dem österreichischen Wasserschutzgesetz müssen die Gewässer bis 2027 in einen guten Zustand versetzt werden.
Grundwasserschutz könnte tangiert sein
GSchG Art 43 regelt die Erhaltung des Grundwasser. Gemäss dem gesetzt müssen die Kantone dafür sorgen, dass dem Grundwasser langfristig nicht mehr Wasser entnommen wird als ihm zugeführt wird. Da durch den heutigen Betrieb der Kraftwerke am Rhein der Grundwasserspiegel sinkt und die Qualität des Grundwasser abnimmt könnte hier ein verstoss gegen diesen Artikel vorliegen.
Zu mindestens kommt der Kanton Graubünden der Aufgabe nicht wirklich nach, die Grundwasserqualität und Verfügbarkeit langfristig zu sichern, was Aufgrund trockenerer Sommer durchaus bedenklich ist.
Restwassermenge eventuell im illegalen Bereich
Gemäss GschG Art 30. darf die Restwassermenge nicht weniger als 80% der Menge Q347 Betragen. Diese wäre für den Alpenrhein bei Ems, je nach Zustand, bei 27 m3/s für den natürlichen Zustand oder bei 38m3/s für den aktuellen zustand mit Kraftwerk. Bei 27 m3/s wäre die Restwassermenge noch bei 21.6 m3/s, bei 38 m3/s bei 30m3/s. Die 10m3/s welche zeitweise noch im Rhein sind wären somit illegal.
Gemäss GschG Art 30 Abs. e., müssen: “Bei Fliessgewässern bis 40 l/s Abflussmenge Q347 unterhalb von 800 m ü. M., die als Laichstätten oder als Aufzuchtgebiete von Fischen dienen, müssen diese Funktionen weiterhin gewährleistet sein.”. Dieser Abschnitt würde auf das Kraftwerk Reichenau zutreffen und ebenfalls verletzt werden. Der Alpenrhein funktioniert definitiv nicht mehr als Laichstätte.
Hier besteht das Problem, dass es evtl. noch Übergangsfristen für ältere Kraftwerke bestehen oder das Gesetz für Wasserkraftwerke nicht gilt oder von mir falsch interpretiert wurde. Evtl. ist auch die recherchierte Menge Q347 falsch. Dieses stammt aus dem Bericht über die Schwall Anforderungsprofile von 2012 S. 11. Da ich hier zugegebener massen zu wenig mit der Rechtslage vertraut bin, müssten das Experten auf diesem Gebiet nochmals prüfen.
Tierschutzgesetzt verletzt
Gemäss einem Rechtsgutachten von WWF Österreich, Ökobüro und Tiroler Fischereiverband verstösst der Schwallbetrieb gegen Österreichisches Recht. Das ist insofern interessant, da der Alprenrhein auch durch Österreich fliesst.
Im umfassenden Rechtsgutachten wurden verschiedene Abwägungen gemacht und verschiedene Punkte gegeneinander aufgewogen. Eine Klage hätte vor Gericht als gute Chancen. Die gesamte Studie gibt es auf der Webseite des Ökobüro.
In der Schweiz ist das Gesetzt ähnlich. Das vorsätzliche oder fahrlässige misshandeln, vernachlässigen, unnötiges überanstrengen, würde verletzen oder töten steht in der Schweiz gemäss Tierschutzgesetzt Artikel 26 unter Straffe. Der Artikel kommt zum Beispiel auch zur Anwendung, wenn Vogelnester zerstört werden.
Der Artikel könnte auch bei der Zerstörung von Fischlaich oder dem Stranden von Fischen könnte auch nach Schweizer Tierschutzgesetzt strafbar sein.
Auen von Nationaler Bedeutung sind betroffen
Der Alpenrhein fliesst durch zwei Auen von nationaler Bedeutung, die Trimmiser Rodauen und die Mastrilser Auen. Beide Gebiete werden als Auen von nationaler Bedeutung. Nah am Alpenrhein sind auch die Rhäzünser Auen, ebenfalls Auen von nationaler Bedeutung. Die Schwallproblematik ist hier schon seit spätestens 2017 bekannt.
Für die Trimmiser Rodauen und die Rhäzünsere Auen sieht das Bundesamt für Umwelt einen sehr hohen Handlungsbedarf für die Revitalisierung, für die Mastrilser Auen einen hohen Handlungsbedarf. Gemäss der Auenverordnung von 1992 müssen die Kantone die Auen schützen, Pflanzen und Tiere in den Auen erhalten und Fördern, die Dynamik der Auen erhalten bzw. wiederherstellen und die Nutzung im Einklang mit den Schutzzielen regeln. Das ist für die drei genannten Auen jedoch nicht der Fall, die Auen sind weiterhin in schlechten Zustand.
Geschützte Arten sind Betroffen
Der Rhein ist Lebensraum für diverse Arten welche vom Aussterben bedroht, stark bedroht oder Vuneralbel sind. Gemäss Natur-und Heimatschutzgesetzt Art. 18 müssen solche Arten geschützt oder gefördert werden. Im Fall der Nase wird jedoch nichts getan. Hier handelt es sich um eine vom aussterben bedrohte Art, welche im Alpenrhein vorkommt. Zwar gibt es ein Fangverbot, sonst wird aber nichts gemacht um den Fortbestand der Art zu sichern. Das ganze Gesetzt ist hier zu finden.
Bei der Seeforelle handelt es sich um eine stark bedrohte Art. Hier ist die gesetzliche Lage jedoch nicht so klar. Bis auf Besatztmassnahmen und erweiterten Schnomassnahmen und -zeiten gibt es auch hier keine ausreichenden Schutzmassnahmen.
Zudem Leben im Rhein Arten wie die Äsche, der Strömer oder der Aal, welche alle als vunerabel eingestuft sind. Auch Krebsarten wie Dohlen- und Edelkrebs gehören ebenfalls zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Im Alpenrhein gibt es jedoch keine Krebse mehr, es wäre jedoch zu mindestens in den Auengebieten Lebensräume für Krebse da.
Auch bedrohte Insektenarten, zum Beispiel Libellen können von einer Aufwertung und einem verbesserten Artenschutz profitieren. Auch hier sind vor allem die Auengebiete betroffen. Umfassendere Infos zu Libelllen und dem Bedrohungsstatus gibt es auf libellenschutz.ch.
Umweltzerstörung in den Alpen, Profit wandert ab
Was etwas drastisch tönt, ist eine Tatsache. Die Kraftwerke, welche im Alpenrheintal Umweltzerstörung im grossen Stil betreiben, gehören zu einem grossen Teil Kantonen und Gemeinden im Unterland. Die Gewinne wander also aus Graubünden ab.
In einer älteren Version war an dieser Stelle die Rede vom Kraftwerk Reichenau als Hauptverursacher des Schwalls. Dies ist nicht korrekt. Das Kraftwerk Reichnau ist ein Laufkraftwer, welches den Schwall einfach weiter gibt. Der eigentliche Schwall geht von den Kraftwerken aus, welche aus den Stauseen Strom erzeugen.
Die Schweizer Kraftwerke bzw. Kraftwerksbetreiber gehören nur zu sehr geringen Teilen anonymen Investoren. Das ewz, welches am Hinterrhein zwei Ausleitungen betreibt gehört zum Beispiel zu 100% der Stadt Zürich. Die Kraftwerke Zervreila (KWZ) gehören der SN Energie (öffentlicher Betrieb aus dem Kanton St. Gallen), der Alpiq der Axpo, dem Kanton Graubünden und einigen Gemeinden im Kraftwerksgebiet. Die Axpo und die Alpiq sind wiederum vollständig oder grössten Teils in öffentlicher Hand.
Besonders interessant ist aber auch, dass Kantone wie Graubünden oder St. Gallen den Alpenrhein ausbluten lassen und auf der anderen Seite viel Geld für Renaturierungs- und Besatzmassnahmen investieren, welche in der aktuellen Situation kaum etwas bringen. In den USA werden am Columbia River zum Beispiel Kraftwerksdämme entfernt, da die erzielten Einnahmen die ausgaben für Ausgleichsmassnahmen wie Besatzt nicht mehr gerechtfertigt haben.
Die Axpo hat in den Geschäftsjahren 2019/20 CHF 469 Mio. und 2020/21 CHF 515 Mio. gewinn gemacht. Das zeigt, wie hoch profitabel der Stromkonzern ist, während gleichzeitig massive Umweltzerströrung in Kauf genommen wird. Zwar leisten alle Kraftwerke für den gesamten Kanton Graubünden etwa CHF 500’000 pro Jahr für Jungfischbesatzt, gerechnet am gesamten Umweltschaden können Besatzmassnahmen aber nur wenig helfen.
Potential des Alpenrheins: Enorm
Grundsätzlich hat der Alpenrhein, allen Widrigkeiten ein enormes ökologisches Potential. Für den gesamten Alpenrhein wären woh Fangzahlen um die 30’000 – 40’000 Fische möglich. Auch Arten wie Hecht, Hasel, Egli, Alet oder Nasen könnten im Alpenrhein vorkommen.
Abgesehen von Fischereilichen potential hat der Alpenrhein aber auch sonst ökologisch ein enormes Potential. Aber auch Touristisch bietet die Fischerei ein Potential, was momentan brach liegt.
Fischereiliches und Fischökologisches Potential
Historisch gesehen haben im Alpenrhein und den nahegelegenen Rhäzünser Auen diverse Arten vor. Neben Forellen und Äschen auch Barben, Nasen, Hasel, Alet, Schleien, Karpfen, Egli, Hechte oder kleinere Weissfische vor. Dies wenn man nach diesem Auszug von P. Lorenz geht, welcher 1898 die erste Untersuchung zum Fischbestand in Graubünden gemacht hat.
Diese Untersuchung muss man jedoch etwas mit Vorsicht betrachten, frühere Autoren haben gerne etwas übertrieben oder beschönigt. Aus heutiger Sicht scheinen Hechte im Hinterrhein eher unwahrscheinlich. Dabei kommen Hechte, auch grosse Hechte, auch im Werdenberger Binnenkanal vor. In aktuellen Berichten wird aber davon ausgegeangen, dass fische wie Haseln, Egli (Barsch) oder Felchen zum Laichen bis in den Mittellauf des Alpenrheines ziehen können.
Grade wenn man die Binnenkanäle Werdenberg und Liechtenstein als Referenz nimmt, zeigt es das ein enormes Potential der für Fische gibt. Auch wenn der Fischbestand im allgemeinen eher unter dem Potential liegen, haben die Gewässer eine Vergleichsweise gute Fischerei.
Rechnet man die Fangstatistik des Kantons St. Gallen Rückwärts kommt man auf etwa 100’000 Fische für den gesamten Alpenrhein für das Jahr 1984. Dieses Jahr war sicher ein gutes Jahr, im Kanton St. Gallen und Liechtenstein wurden dabei 10’000 Fische gefangen. 100’000 Fische wären jedoch sehr unwahrscheinlich.
Es würden wahrscheinlich mehr grössere Fische gefangen, 30’000 bis 40’000 Fische für den ganzen Alpenrhein wären weitaus realistischer. Wenn man die aber überlegt, dass 2020 nur knapp 1000 Fische im gesamten Alpenrhein gefangen wurden, ist das ein zehntel von dem, was 1984 nur schon in einem Teil des Alpenrheines gefangen wurde.
Welches Potential vorhanden wäre zeigt auch die Studie “Schwallproblematik an Österreichs Fließgewässern – Ökologische Folgen und Sanierungsmöglichkeiten” von 2013. Dabei wird davon ausgegangen, dass Gewässer im der Äschenregion eine Biomasse an Fisch von 300-400 kg/ha hatten. Naturnahe Strecken haben etwa 155 kg/ha. Nochmals zur Erinnerung, im Alpenrheim ist die Biomasse unter 7 kg/ha, also bei maximal 4.5% des Potentials.
Rechnet man die Biomasseerhebung und mit den Fängen (beides von 2019) auf das Potential von 155 kg/ha hoch, kommt man auf ein Potential von 36’000 Fischen für den ganzen Alpenrhein pro Jahr.
Touristisches Potential
Der Alpenrhein bietet auch ein Tourisitsches Potential. Für Gewässer mit guten Fischbeständen können im Euroraum Preise für Tageskarten zwischen € 75.- bis € 100.- oder mehr verlangt werden. Dabei sind Übernachtungen Gastronimie noch nicht Berücksichtigt.
Grade Graubünden könne als Tourismuskanton von einer guten Fischerei profitieren. Grade das Churer Rheintal oder Heinzeberg/Domleschg, welches ansonsten eher wenig Tourismus haben wäre hier sehr attraktiv.
Die Vorzeichen wären sehr gut, die Saison am Alpenrhein und Teilen des Vorder- und Hinterrhein startet am 1.2. also vor vielen anderen Gewässern im In- und Ausland, welche erst ab März bis Mai befischbar sind. Das sind über 65 km Fliessgewässer plus einige Seen, welche befischt werden können, ein enormes Potential. Die Landquart, welche ebenfalls ab dem 1.2. befischt werden darf ist hier noch nicht mitgerechnet.
Auch das Bündner Fischereipatent ist hier eine tolle Lösung. Während im Ausland oft nur Strecken von 4km bis 10km befischt werden können, hat man in Graubünden so gesehen fast endlose Gewässer. Dabei wäre auch genug Platz für einschränkungen zum Beispiel um Brütende Vögel während einer gewissen Zeit zu schützen.
Dazu kommt dass die Fischereisaison Alpenrhein am 30.9. endet. Würde der Rhein über einen Äschenbestand verfügen wäre auch eine Saison bis 30.11. oder 31.12. denkbar.
Dies beschreibt nur das Touristische Potential für Graubünden. Auch am restichen Alpenrhein in St. Gallen, Liechtenstein und Vorarlberg besteht grosses touristisches Potential.
Aussichten und Lösungen für den Alpenrhein
Am Alpenrhein gibt es diverse Renaturierungsprojekte. Dabei wird das eigentliche Problem, der Schwallbetrieb nicht abgegangen. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass ich kein Energieexperte bin, es gibt mittlerweile aber relativ günstige Batteriespeicher, mit denen zumindest die Schwallspitzen abgedämpft werden könnten.
Die Schwallsanierung ist zudem auch dringend nötig, da sonstige, geplante, Renaturierungsmassnahmen am Alpenrhein nur wenig bringen
Stromversorgungssicherheit ungewiss
Aktuell werden Stromengpässe mit dem Schwallbetrieb der Kraftwerke ausgeglichen. Mindestens langfristig kann dies keine Lösung sein. Es kann Aufgrund der offensichtlichen schweren Umweltschäden durch den Schwallbetrieb kein weiter so geben.
Zudem gibt es immer schärfere Umweltbestimmungen welche den Gewässerschutz fördern. Wie bereits geschrieben müssten die Kraftwerke bis 2030 Schwallsaniert sein müssten
Die Kraftwerksbetreiber haben aber offensichtlich geschlafen oder es war ihnen egal. Bis jetzt gibt es am Rhein keine konkreten Pläne zur Schwallsanierung, dies obwohl diese bis 2030 umgesetzt sein müssten, die Sanierung finanziell entschädigt wird und die Kraftwerke Milionengewinne einfahren.
Wasserkraft, Schaden kann kleingehalten werden
Wie die verschiedenen Untersuchungen und die Fischereistatistiken vom Alpenrheim zeigen stehen sich Wasserkraftnutzung und ein guter ökologischer Zustand nicht im Weg. Ein Beispiel ist die Traun, auch wenn hier auch nicht alles Gold ist, was glänzt. Trotz Wasserkraftnutzung ist die Traun für eine sehr gute Fischerei bekannt.
Auch im Rhein war die Fischerei bis anfang der 90er gut, trotz den Wasserkraftwerken, welche schon länger für Schwall am Rhein sorgen.
Hier ist eindeutig der Kanton Graubünden als Miteigentümer in der Pflicht. Auch die anderen Kantone, wären in der Pflicht. Wenn Grossbanken irgendwelche leicht fragwürdigen Geschäfte machen, wird dies Gross in den Medien publiziert. Wenn die Kantone als Kraftwerkseigentümer grossflächige Umweltzerstörung betreiben interessiert es niemanden.
Wichtig wäre vor allem eine zeitnahe Schwallsanierung oder auch betriebliche Massnahmen zur Schwallreduktion. Pläne für die Strategische Sanierung von Sunk und Schwall gibt es bereits seit 2014 konkret augearbeitet. Diese sind bis jetzt aber nicht ansatzweise umgesetzt.
Renaturierungsmassnahmen am Alpenrhein
Am Alpenrhein sind diverse Projekte zur Renaturierung in mehr oder weniger konkreten Planung. Die Projekte dienen nicht nur dem Umweltschutz sondern sollen auch die Hochwassergefahr senken in dem dem Alpenrhein mehr Platz gegeben wird. Auch Grundwasserschutz ist ein Thema.
Der ökologische nutzen der Renaturierungen hält sich aber in sehr engen Grenzen solange keine Schwallsanierung am Kraftwerk Reichenau erfolgt.
Im Kanton St. Gallen soll bis 2025 mit den Bauarbeiten zu einem Rheinaufweitung bei Bad Ragaz begonnen werden. Mehr Infos zum Projekt gibt es auf rheinaufweitung.ch.
Auch an der internationalen Rheinstrecke ist geplant dem Rhein mehr Raum zu geben. Hier sind ist der Hochwasserschutz Grundgedanke, das Ökosystem Rhei profitiert aber auch extrem davon. Mehr Infos gibt es auf rhesi.org.
Heimfall Kraftwerke Kanton Graubünden, eine Hypothek
Zwischen 2040 und 2050 laufen diverse konzessionen für Wasserkraftwerke im Kanton Graubünden aus. Statt die Kraftwerke neu zu konzessionieren will der Kanton sich stärker an den Kraftwerken beteiligen. Im Bündner Grossen Rat stiess dies quer über alle Parteien auf Zustimmung. Aktuell hält der Kanton etwa 10% an den Kraftwerken, der Anteil soll aber zusammen mit den Gemeinden auf 30-40% ausgebaut werden.
Hier könne die fehlende Schwallsanierung eine schwere Hypothek werden. Schon allein aus diesem Grund müsste der Kanton dafür sorgen, dass die Schwallsanierung fristgerecht umgesetzt wird, so dass man nicht irgend wann viele unprofitable Krafwerke im Kanton hat.
Schwankungen im Stromnetz nehmen zu, Speicherlösungen nötig
Mit dem Ausbau von ernuerbaren Energien nehmen die Schwankungen im Stromnetz immer stärker zu. Dies ist eine wahrscheinliche Erklärung für die starke Zunahme des Schwallbetriebes.
Aufgrund der fatalen Umweltschäden kann dies jedoch keine langfristige Lösung sein, auch bis die die gesetzliche Sanierungsfrist 2030 abgelaufen ist nicht. Daher wären Speicherlösungen jetzt schon notwendig. Statt sich aber selber um solche Lösungen zu kümmern, überlässt die Axpo dies wohl eher inovativeren und zukuftsorientierten Unternehmen und mietet sich ein (Medienmitteilung Rhiienergie).
Mit einer Batteriespeicherlösung könnte die Axpo die Sunk- und Schwallspitzen deutlich abmildern und würde vermutlich auch ohne jede Förderung die Kosten schnell amortisieren können. Betrachtet man den vorher erwähen Batteriespeicher von Rhiienergie so bekommt man 1 MWh Speicher für etwa CHF 1 Mio.
Solche Batteriespeicher lassen sich innerhalb eines Jahres umsetzen. Ein weitere Vortei ist, dass sie eine deutlich kürzere Reaktionszeit als Kraftwerke haben.
Patentpreise gerechtfertigt?
In Graubünden darf aktuell in 3 von 9 Monaten nur im Rhein, der Landquart und einigen kleineren Seen gefischt werden. Grade der Alpenrhein hat aber nur noch einen Restbestand an Fischen. Hier stellt sich die Frage, ob die Patenpreise welcher der Kanton Graubünden verlangt noch gerechtfertigt sind.
Wenn man in 1/3 der Saison nur in einem fast leeren Gewässer fischen darf, müssten die Patenpreise demnach auch angepasst werden.
Warum ändert niemand was am Zustand des Alpenrheins?
Niemand ist nicht ganz korrekt, der Fischereiverein Chur setzt sich seit Jahren für den Alpenrhein ein.
Wieso sich niemand anderes für den offensichtlich miserablen Zustand des Alpenrheins einsetzt ist mir allerdings schleierhaft. Berichte welche den Zustand aufzeigen liegen schon seit Jahren vor, offensichtlich liest diese niemand oder sieht das Problem nicht als dringend an.
Fischereiverein Chur
Einer der wenigen welcher schon seit Jahren für den Alpenrhein kämpft ist Chris Wittmann und der Fischereiverei Chur.
Mit verschiedenen Publikationen zum Beispiel im Petri Heil oder auch in diesem Beitrag in der SRF Sendung Einstein.
Mit einem Beitritt im Fischereiverein Chur kannst auch du mit zur Unterstützung des Alpenrheins beitragen.
Wenig interesse bei anderen Organisationen
Bei anderen Organisationen stösst die Schwallproblematik auf erstaunlich wenig Interesse. Weder beim Kantonalen Fischereiverband Graubünden noch beim Schweizer Fischerei-Verband oder auch beim Vorarlberger Fischereiverband scheint das Thema auf grosses Interesse zu stossen.
Zwar wurde 2011 die Arbeitsgemeinschaft ProFisch Alpenrhein von verschiedenen Fischereivereinen und -verbänden ins Leben gerufen, die Webseite ist jedoch nicht mehr erreichbar.
Auch im Petri Heil, dem Fischermagazin der Schweiz findet das Thema kaum Beachtung. Die einzigen Beiträge stammen von Chris Wittmann. Wärend man auf der Webseite von Petri Heil mehrere Beiträge zum Kormoran findet gibt es nur einen zum Schwallbetrieb. Das Thema wird in Fischerkreisen auch kaum diskutiert, während Prädatoren Dauerthema sind.
Auch an Organisationen wie WWF, Pro Natura oder aqua viva scheint das Problem nicht zu interessieren. Zwar wurde ebenfalls eine gemeinsame Organisation gegründet seit 2016 gibt es aber keine neuen Mitteilungen mehr. Die Webseite wird anscheinend auch nicht mehr gross bewirtschaftet. Dies obwohl durch den Schwallbetrieb ganze Ökosysteme in mittleidenschaft gezogen werden.
In Österreich gibt es von Umweltorganisationen langsam etwas mehr Aufmerksamkeit. Bei WWF, dem Ökobüro und dem Tiroler Fischereiverband ist das Thema unter dem Tierschutzaspekt neu aufgegleist worden. Der Tiroler Fischereiverband setzt sich übrigens schon lange gegen den Schwallbetrieb ein.
Kein Medieninteresse
In den Medien scheint die Ökologische Kastrophe ebenfalls auf kein Interesse zu stossen. Während manchmal schon fast jedes überfahrene Reh oder Fischsterben gemeldet wird, ist diese schleichende Katastrophe wohl nicht berichtenswert. Der einzige relevante Beitrag von der Südostschweiz ist ein Audiobeitrag aus dem Jahr 2019.
Stillstand politisch gewollt.
In Graubünden gibt es zwei Ämter, welche Zuständig wären. Das Amt für Natur und Umwelt (ANU) ist für die Umsetzung des GSchG zuständig. Das Amt für Jagt und Fischerei (AJF) ist für die Fischerei und den Besatz. Bei den Ämtern ist jedoch auch nur das Möglich, was von der Politik möglich ist.
Der Vollzug der Umweltgesetzte liegt beim ANU. Das ANU wird zum Beispiel eingeschaltet, wenn Gewässerverschmutzungen auftreten, ist aber auch für die langfristige Planung von Umweltsanierungen zuständig. Verleert ein Bauer Gülle kommt das ANU zum Einsatz, spült das Kraftwerk die Lebewesen aus dem Rhein schaut das ANU zu, wie bereits geschrieben politisch gewollt.
Ausserdem hat das ANU die langfristigste Planung gemäss dem Gewässerschutzgesetzt zu Verantworten. Gemäss Auskunft des Amtes von 2021 sind die Kraftwerke Momentan noch an der Variantenstudie für die Umsetzung. Wenn man bedenkt, dass die Umsetzung bis in 8 Jahren also 2030 erfolgt sein muss, ein durchaus sportlicher Plan. Auch hier wäre es an der Politik druck zu machen und für eine fristgerechte Umsetzung zu sorgen.
Das AJF ist für den Fischbestand, den Besatz und die Fischereistatistik zuständig. Die Kantonalen Fischzuchten fallen zum Beispiel in die Verantwortung des AJF. Das AJF weisst regelmässig auf die schlechten zustände hin, solange die Politik nicht reagiert, kann das AJF nichts bewirken.
Mit zweierlei Mass gemessen
An Gewässern wird immer mit anderem Mass gemessen als wenn es um den Umweltschutz geht. Das kann daran liegen, dass man schlecht sieht, was unter der Wasseroberfläche läuft oder schlicht an mangelndem Interesse.
Wir ein Windparkt gebaut, werden diverse Abklärungen gemacht. Könnte der Windpark eventuell Auswirkungen auf eine geschützte Vogelart haben ist das Projekt so gut wie gestorben. Zudem wird viel Geld investiert um Vogelschlag an Windrädern zu vermeiden.
Wird ein Gewässer durch Schwallbetrieb von Kraftwerken durchgespült und dabei ein wichtiger Lebensraum für vom Aussterben bedrohte Fische wie Nasen zerstört, interessier das niemanden. Werden Fische durch Wasserkraftturbinen zerstückelt und verenden Qualvoll stört das nur wenige.
Man müsste sich nur mal vorstellen, ein unternehmen tötet mit seiner Tätigkeit sämtliche Rehkitze im Rheintal. Der Aufschrei wäre enorm. Werden Generationen von Forellen im Alpenrhein ausgelöscht interessiert dies offensichtlich niemanden.
Exemplarisch ist dafür auch die Parlamentarische Initiative 16.452 vom Berner SVP Nationalrat Albert Rösti, der vermutlich etwas gegen die heimische Fischfauna hat. Wird ein Wasserkraftwerk neu Konzessioniert wird bei der Umweltverträglichkeitsprüfung neu nicht mehr der ursprüngliche Zustand als Massstab genommen sondern der ist zustand heute. Ein neu Konzessioniertes Kraftwert kann so also völlig legal die Gewässer zerstören.
Vorgehen und Quellen
An dieser Stelle sei nochmals bemerkt, dies ist keine wissenschaftliche Arbeit sondern eine einfache Recherche in bestehenden Dokumenten die Informationen sind alle online verfügbar. Für die Recherche kam nur ein einziges Mail zum Einsatz, alles andere sind öffentliche Dokumente und Daten, welche für jeden einsehbar sind.
Falls irgendwo ein grober Fehler passiert sein sollte, bitte ich darum mir diesen aufzuzeigen.
Es kann gut sein dass einige Quellen nicht aufgeführt sind, für den Beitrag wurden jedoch hauptsächlich diese Quellen verwendet:
Diplomarbeit Seeforellenwanderung 2007
Hydra Institut Booklet Bodenseeseeforelle
Gesundheitszustand der Fische im Rheintal Synthesebericht 2001
Vorarlberg, Statistiken Alpenrhein ab 2009
Forellen Reporduktionspotential Plessur 2007
Fischökologisches Monitoring 2019
Schwallproblematik an Österreichs Fliessgewässern 2013
Quantave Analyse von Schwall/Sunk-Ganglinien für unterschiedliche Anforderungsprofile
Comments
Ein super Artikel. Sehr interessant, erschreckend und fundiert! Kraftwerke müssen Ihren Beitrag zum Gewässerschutz leisten. Ein Wahnsinn ist das viele betroffene Gemeinden, Vereine, Verbände, kein großes Interesse an dieser Problematik zeigen. Vielen Dank.
Danke für das Lob! Ja es ist ein Trauerspiel…
Lieber Bastian.
Danke für den super Bericht. Kompliment!
Was für die Forelle gilt, wirkt sich auch auf andere Lebewesen aus.
Hoffen wir, dass unsere Naturschutzverbände auf eine wegweisende Verbesserung einfluss haben werden.
Herzliche Grüsse
Michaela
Präsidentin BirdLife GR
Merci Bastian.
Eigentlich müssten die Kraftwerke schon lange für Ausgleichsbecken sorgen, aber the show must go on! Und welcher Bauer gibt schon Land her, für so ein Ausgleichsbecken… Ein Trauerspiel.